Horizonte erweitern –
Perspektiven ändern
Ländliche Räume als Innovationsräume verstehen und fördern
2017–19
am_ Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation
vom_ Bundesforschungsministerium, BMBF gefördert
als_ Creative Director
mit_ Gesine Last, Florian Paschke
durch_ Social Labs, partizipative Workshops, Zukunfts-Parcours
Die Rolle von Design beim Wissenstransfer in partizipativen Prozessen
Textgestaltung, Design und Visuelle Kommunikation wurden im Rahmen des Forschungsprojekts Horizonte erweitern eingesetzt, um Bedarfe zu erheben, Ergebnisse anschaulich zu vermitteln und ländliche Zukünfte mit einem breiten Publikum zu diskutieren. Welchen Mehrwert bieten designbasierte Methoden und Gestaltung in raumbezogener Forschung und Wissenschaftskommunikation? Im Folgenden tauschen sich Gesine Last (Texterin, GL), Ronja Grossar (Designerin, RU) und Florian Paschke (Visuelle Kommunikation, FP) aus: Wie haben sie diese interdisziplinäre Kollaboration mit Gesellschaftsbezug erlebt? Was haben sie im Prozessverlauf und auf den Reisen durch drei Modellregionen gelernt?
Ein Gespräch über Zukunftsparcours als Interventionen im ruralen Raum
RU_ Wir haben ein neues Format entwickelt, das Zukunftsszenarien, Design, Technologien und gesellschaftliche Trends verbindet: Den Zukunfts-Parcours durch`s Dorf.
FP_ Wir wollten ländliche Zukünfte dort verhandeln, wo sie sich entfalten – und vor Ort die Menschen treffen, die interessiert sind, ihren Lebensraum von heute und morgen mitzugestalten.
GL_ Designmethoden ermöglichen dabei einen chancenorientierten Blick auf die Zukunft. Über die Grenzen der Sprache hinaus fördern sie Dialog.
RU_ Uns war es wichtig, mögliche Zukünfte mit dem täglichem Erleben der Menschen und den lokalen Gegebenheiten zu verknüpfen.
FP_ Dazu mussten wir zunächst verstehen: Was ist das Besondere des Ortes? Was sind Ankerpunkte, von denen aus wir in die Zukunft reisen können?
RU_ Vertraute Stellvertreterobjekte waren dabei ein Ausgangspunkt der Gestaltung, da sie bei den Menschen keine Berührungs.ngste auslösen.
GL_ Zum Beispiel Vereinswimpel, die kennt jeder und sie dürfen an keinem Stammtisch fehlen.
RU_ Wir haben unsere eigenen Wimpel für den fiktiven Freiwillige Drohnen e.V. bestickt.
GL_ Unter einer alten Dorflinde haben wir uns versammelt, um dort mit den Teilnehmenden über neue Gemeinschaftsorte nachzudenken. Ein schönes Bild!
FP_ Es war spannend zu beobachten, wie sich während des Parcours immer wieder Passant*innen mit ihren Ideen einbringen wollten.
RU_ Unsere Design-Interventionen stiften neue Kooperationen vor Ort. Da spricht dann wirklich jede mit jedem.
GL_ Denkt an unsere Station zum Thema »mitwachsende Wohnformen«:Es ist schon ein Ereignis der besonderen Art, wenn man im Büro des Bürgermeisters Riesenballons mit einem Laubbläser aus dem Fenster pustet.
FP_ Auch Multimedialität war ein wichtiges Thema …
GL_ Ja – ob aufblasbares Objekt, Video, Hörspiel oder interaktive Installation: Wir haben mit Materialien und Spielaufforderungen experimentiert, die zum Mitmachen und Weiterdenken animieren.
RU_ Design aktiviert. Es kann Reibung erzeugen und Diskussionen anregen. Hier interessiert uns der »Design for Debate«-Ansatz.
GL_ Auf unserem Spaziergang durchs Dorf haben wir überraschende Schaufenster in die Zukunft gestaltet, die alle Sinne ansprechen.
FP_ Dabei spielte natürlich auch Neugier eine wichtige Rolle: Was wartet hinter der nächsten Ecke? Und was passiert als Nächstes?
GL_ Die spekulativen Objekte haben wir im Dorf jeweils thematisch verknüpft. So fand sich der zukunftsweisende Fahrkartenautomat, der individuelle Mobilitätsempfehlungen ausspuckt, in der Nähe der Bushaltestelle.
RU_ Im lokalen Biomarkt haben wir mit einer spekulativen Installation über regionale Wertschöpfung nachgedacht.
Inmitten von regionalen Produkten fiel
das vielen leichter als in einer neutralen
Umgebung.
GL_ Das Ganze hat neue Diskussionen unter den Dorfbewohner*innen getriggert: Wollen wir das jetzt echt so?
Oder nicht doch ganz anders?
FP_ Auch Café, Apotheke, Optiker, Seniorenresidenz, Versicherungsbüro und Schule wurden thematisch bespielt. Wir haben wirklich das gesamte
Dorf bewegt.
RU_ Denkt doch auch noch mal an den Feuerwehrwagen mit SciFi-Hörspiel auf dem Marktplatz. Das war ein Highlight!
GL_ Nicht nur für uns, sondern auch für den freiwilligen Feuerwehrmann, der die Station betreute …
RU_ Auch der Zufall war immer wieder Mitspieler …
FP_… wie der Akkordeonspieler am Brunnen, der spontan für Live-Musik
gesorgt hat …
RU_ Anhand unserer Interventionen wurden Chancen, Schätze und Herausforderungen
der Modellregionen lebendig verhandelt. Dabei entstanden neue Lösungen wie der lokale Wertschöpfungs-Automat oder der Lern-Genuss-Wanderweg.
GL_ So ein Prozess ist naturgemäß kommunikationsintensiv. Hier haben unsere bestens vernetzten Ansprechpartner*innen in den Regionen sehr geholfen.
FP_ Die haben vor Ort viele Kontakte vermittelt und Türen geöffnet.
GL_ Sie haben uns auch sensibilisiert für lokale Traditionen, Werte und Konfliktlinien – und auch mal Dialekt für uns aufgeschlüsselt.
gefördert durch:
1_ physische Interventionen zeigen neue Möglichkeiten auf, wie hier adaptive Wohnformen
2_ der Einbezug des örtlichen Kontexts hilft, passende Lösungen für das Dorf von morgen zu denken
3_ die gleichnamige Publikation zum Projekt gibt Einblicke in Methoden und Ergebnisse © Fraunhofer CeRRI
5_ Film über alle drei Workshops in den Modellregionen zur Innovationsfähigkeit im ländlichen Raum